Endlich war es soweit, die kulinarische Reise und mein lang ersehnter Wunsch einen Abend im Restaurant ernst erleben zu dürfen, kam dank eines glücklichen Zufalls schneller, als ich mir erhofft hatte. Und so machte ich mich mit meiner Herzdame an einem Donnerstagabend im März auf den Weg in den Wedding, wo sich das Restaurant in der Gerichtstraße 54 mitten zwischen kleinen Läden und Wohnhäusern befindet. Nicht gerade die Umgebung wo man ein Restaurant wie das ernst erwarten würde, aber ich glaube ein so besonderes Restaurant kann es fast überall auf der Welt geben, egal ob in einem Wolkenkratzer in Manhattan oder in einem Wald in Sibirien. Es gibt genügend Menschen, die für eine außergewöhnliche, kulinarische Erfahrung ans andere Ende der Welt Reisen würden.
Wer selbst einen Abend im ernst verbringen möchte, kann sich eines der begehrten Tickets sichern. Diese kann man ausschließlich auf der Onlineplattform TOCK erwerben.
Das von außen sehr schlichte Etablissement ist nicht als Restaurant zu erkennen, und erst wenn man vor der großen, polierten Aluminiumtür steht, kann man einen kreisrunden, auf Hochglanz polierten Klingelknopf entdecken, in den das Wort ernst eingraviert ist. Kurz nach dem Drücken des Knopfes öffnet sich die Tür und man wird sehr freundlich willkommen geheißen. Schon hier wird es einem sehr einfach gemacht, sich wohlzufühlen. Es herrscht eine angenehm gelassene und lockere Stimmung, die einen sofort umhüllt und auch bis zum Ende des Abends nicht verlässt.
Unsere Gastgeber waren neben Küchenchef und Miteigentümer Dylan Watson-Brown vier weitere Köche, Spencer, Paul, Tobias, Christopher und der Sommelier Christoph Geyler. Was mich besonders beeindruckt hat an diesem Abend war die harmonische und flüssige Zusammenarbeit des ganzen Teams. Trotz der vielen Arbeitsschritte, die direkt vor den Augen der Gäste abliefen, kam nie Hektik oder Unruhe auf. Der eindrucksvolle und kulinarisch hochklassige Abend wurde vor allem durch die Art des Teams, miteinander und mit den Gästen umzugehen, zu einem wirklich besonderen und in Erinnerung bleibenden Gesamterlebnis.
Interior im ernst:
Der Gastraum des „ernst“, der zugleich auch den größten Teil der Küche beherbergt, wird durch eine Bar aus massivem und wunderschön hellem Ahornholz geteilt und bietet Platz für zwölf Gäste. Die schlichten grauen Wände, die großen Fenster und die beigefarbenen und grauen Vorhänge auf der Gastraumseite ergeben im Zusammenspiel mit den braunen Marmorarbeitsplatten und der Edelstahlküche eine japanisch anmutende und wunderschön schlichte Mischung.
Essen im ernst:
Serviert werden im ernst circa dreißig unterschiedliche kleine Gänge über einen Zeitraum von ungefähr drei Stunden. Bei unserem Besuch waren es sogar dreiunddreißig. Trotz der großen Anzahl an Gerichten fühlt man sich zu keinem Zeitpunkt gehetzt. Die kleinen Portionen und die Vorfreude, was einen als Nächstes erwartet, sowie die gelassene Atmosphäre entwickeln zusammen eine entspannte Geschwindigkeit, in der es nie langweilig oder hektisch wird.
Wenn ich das Essen in seiner Gesamtheit auf den Punkt bringen müsste, würde ich von der feinst möglichen Hausmannskost sprechen, die hier und da mit Techniken und Einflüssen aus Japan und Frankreich zu Hochform aufläuft. Klare Aromen und Geschmackskombinationen stellen die wenigen in einem Gang vorkommenden Produkte in Perfektion in den Fokus. Die verwendeten Zutaten stammen zum größten Teil von Fischern und Bauern aus der Region. Und selbst bei den Ausnahmen wie zum Beispiel den Zitrusfrüchten und einigen anderen Früchten aus Sizilien oder denen von handgetauchten Muscheln aus der Arktis, ist es dem Team sehr wichtig, die Produzenten persönlich zu kennen und sie so oft wie möglich bei ihrer Arbeit zu begleiten. Einen kleinen Einblick in die Verbindung zwischen dem ernst Team, den verwendeten Zutaten und den Menschen hinter den Produkten findet ihr auf dem ernst Instagram Account. Eine weitere Besonderheit ist bestimmt aber auch, dass es keine feste Karte gibt. Je nachdem wird das, was gerade von den Bauern und Fischern verfügbar ist, in Kombination mit dem, was getrocknet oder eingelegt wurde, verwendet. So wird es kaum vorkommen, dass es zweimal das exakt gleiche Menü gibt.
Das der Küchenchef Dylan sein Handwerk in Japan genauer gesagt im drei Sterne Tempel Ryugin in Tokyo gelernt hat, ist bei den meisten der Speisen zu spüren. So werden viele japanische Techniken auf die eher europäischen Zutaten angewandt und ergeben durch die präzise Ausführung und die ultra hohe Qualität der verwendeten Produkte eine Art high end Fusions Küche, ohne nach Fusion zu schmecken. Eine sehr unaufgeregte und gleichzeitig höchst spannende kulinarische Erfahrung. So gibt es zum Beispiel Heringssashimi, Heringstempura in Dinkelmehl und Eiscreme mit Gersten Koji und salzigem Karamell, um nur einige Gerichte zu nennen. Die oft sehr klein wirkenden Gerichte führten durch die hohe Anzahl der servierten Gänge am Schluss des Menüs zu einem perfekten Sättigungsgefühl. Außerdem ist zu erwähnen, dass es auch die Möglichkeit gibt, ein vegetarisches Menü zu bekommen, welches dann zu Gerichten mit Fisch, Fleisch oder Meeresfrüchten eine Alternative darstellt.
Getränke im ernst:
Die von Sommelier Christoph Geyler zusammengestellte Weinkarte zählt circa 200 unterschiedliche Weine, die zum Großteil aus Deutschland und Frankreich stammen und weitestgehend ohne den Einsatz von Schwefel hergestellt werden, und wenn nur in sehr geringen Mengen. Die meisten der Winzer kennt Christoph und das ernst Team genau wie bei den Lebensmitteln persönlich. Da kommt es auch schon mal vor, dass das Team bei der Weinlese mithilft. Eine engere Beziehung zu den verwendeten Produkten ist kaum möglich. Da ich kein großer Weinkenner bin, kann ich hier ehrlicherweise auch nur sagen, dass mir alle angebotenen Weine der Weinbegleitung sehr gut geschmeckt haben und sehr positiv zum Gesamterlebnis des Abends beigetragen haben.
Persönliches Fazit:
Mein Besuch im ernst war definitiv, meine intensivste und beeindruckendste Restaurant Erfahrung bisher und hat bei mir trotz des hohen Preises – der mir für so ein Erlebnis durchaus gerechtfertigt erscheint – pure Begeisterung geweckt. Der Abend wird mir bestimmt noch sehr lange und positiv in Erinnerung bleiben. Danke an das ernst Team für das sensationelle Erlebnis.
Wenn sich das alles für dich spannend anhört und du neugierig geworden bist, solltest du dir unbedingt ein Ticket besorgen und die Reise in den Wedding antreten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass du es nicht bereuen wirst.
Mehr Informationen:
ernst
Gerichtstraße 54
13347 Berlin-Wedding
Preis für das Menü: 165 €
Preis für die Weinbegleitung: 85 €
E-Mail: [email protected]
Meine persönliche Bewertung des ernst in Kurzform:
Interieur & Atmosphäre: ⚫⚫⚫⚫⚫
Speisen & Getränke: ⚫⚫⚫⚫⚪
Service: ⚫⚫⚫⚫⚫
Preise: ⚫⚫⚫⚫⚫
Preis Leistung: ⚫⚫⚫⚫⚫